Elisabeth Puchhammer-Stöckl, Leiterin des Zentrums für Virologie der Medizinischen Universität Wien und Mitglied der Corona Task Force des Gesundheitsministers, ist „Wissenschafterin des Jahres“ 2020. Die Virologin steht nicht nur für wissenschaftliche Exzellenz, sondern auch für Aufklärung zum Corona-Virus im Rahmen der Erforschung der Pandemie.
„Kaum jemals hatte die Vermittlung von Wissen so viel Bedeutung wie im Jahr 2020, in dem ein neues Virus die Welt überrascht hat, das zugleich entschlüsselt, gezähmt, behandelt und immer noch eingedämmt werden muss. Wohl noch nie haben Forschende aus aller Welt so intensiv zusammengearbeitet und so rasch verlässliche Ergebnisse geliefert wie heuer. Zugleich waren Wissenschafter und Wissenschafterinnen gefordert, ihre Erkenntnisse am laufenden Band zu vermitteln. Elisabeth Puchhammer-Stöckl ist es exzellent gelungen, den Forschungsstand zum Coronavirus und zur Pandemiebekämpfung verständlich und sachlich auf den Punkt zu bringen“, betonte Klubvorsitzende Eva Stanzl bei der Preisverleihung, die via Online-Übertragung im Presseclub Concordia in Wien am Donnerstag, 7. Jänner 2021, abgehalten wurde.
Die Auszeichnung „WissenschafterIn des Jahres“ wurde heuer zum 27. Mal insbesondere für das Bemühen von Forschenden verliehen, ihre Arbeit einer breiten Bevölkerung verständlich zu machen. Damit leisten die Forschenden nicht nur einen wichtigen Beitrag zur Bildung, sondern sie steigern auch das Bewusstsein für die Bedeutung der heimischen Wissenschaft im Allgemeinen. Nur wenn wissenschaftliche Ergebnisse die Öffentlichkeit erreichen, können sie ihre Wirkung voll entfalten, die Kenntnisse der Bürgerinnen und Bürger vertiefen und einen Beitrag zur Aufklärung der Gesellschaft insgesamt leisten.
Elisabeth Puchhammer-Stöckl (58) leitet seit 2018 das Zentrum für Virologie der Medizinischen Universität Wien und forscht vor allem im Bereich der klinischen und translationalen Virologie. Sie ist Mitglied der Corona-Task Force von Gesundheitsminister Rudolf Anschober, Gründungsmitglied und Council Member der European Society for Antiviral Resistance und Mitglied des Beirats der deutschsprachigen Gesellschaft für Virologie.
Wissenschaftlich befasst sich Elisabeth Puchhammer-Stöckl vor allem mit der individuellen Virus-Wirt Interaktion und dabei mit genetischen Variationen in der antiviralen Immunantwort einzelner Personen. Ihr Ziel ist es, in den nächsten Jahren den Einfluss spezieller Virus-Wirt-Interaktionsmuster auf die Pathogenese diverser Virusinfektionen und deren klinische Verläufe sichtbar zu machen.
Elisabeth Puchhammer-Stöckl wurde in Wien geboren, studierte hier Medizin und promovierte 1986 zum Doktor der Medizin. Sie begann 1987 als Assistentin am Institut für Virologie und absolvierte die Ausbildungen zur Fachärztin für Hygiene und Mikrobiologie sowie zur Fachärztin für Virologie. Sie entwickelte neue Technologien für die Virusdiagnostik, erhielt dafür nationale und internationale Preise (Welcome Award, Preise der Höchst Foundation) und habilitierte 1994 für das Fach Virologie. Nach der Geburt ihrer beiden Töchter arbeitete sie etliche Jahre in Teilzeit. Im Jahr 2000 wurde sie außerordentliche Professorin am Institut für Virologie. Sie war 2001-2010 Vizepräsidentin der österreichischen Aids-Gesellschaft, ist Leiterin der österreichischen HIV-Referenzzentrale, Mitglied der Kommission für sexuell übertragbare Erkrankungen des Gesundheitsministeriums und im Vorstand der Österreichischen Gesellschaft für Hygiene, Mikrobiologie und Präventivmedizin (ÖGHMP). Seit Beginn der Coronapandemie ist die Leiterin des Zentrums für Virologie der Medizinuni Wien Mitglied der Corona Taskforce des Gesundheitsministers.
Mit kollegialen Grüßen
Für den Vorstand Eva Stanzl
Wahlleiter Christian Müller
Elisabeth Puchhammer-Stöckl (© Roland Ferrigato)
Elisabeth Puchhammer-Stöckl (© Roland Ferrigato)
Eva Stanzl, Elisabeth Puchhammer-Stöckl, Christian Müller (© Roland Ferrigato)
Elisabeth Puchhammer-Stöckl, Christian Müller (© Roland Ferrigato)
Link zu den Fotos zur weiteren Verwendung:
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Foto-Credit: Roland Ferrigato
Die Links zur Berichterstattung:
https://science.orf.at/stories/3203950/
https://tvthek.orf.at/profile/ZIB-1/1203/ZIB-1/14077543
https://www.bmbwf.gv.at/Ministerium/Presse/20210107.html
Berichte der „Austria Presse Agentur“:
07.Jän 21
Virologin Elisabeth Puchhammer ist „Wissenschafterin des Jahres“ =
Wien (APA) – Die Wiener Virologin Elisabeth Puchhammer-Stöckl wurde vom Klub der Bildungs- und Wissenschaftsjournalisten zur „Wissenschafterin des Jahres 2020“ gewählt. Mit dieser in Wien übergebenen Auszeichnung wird die Vermittlungsarbeit der 58-jährigen Leiterin des Zentrums für Virologie der Medizinischen Universität Wien vor allem während der Corona-Pandemie gewürdigt.
Mit der seit 1994 jährlich durchgeführten Wahl will der Journalistenklub vor allem das Bemühen von Forscherinnen und Forschern auszeichnen, ihre Arbeit und ihr Fach einer breiten Öffentlichkeit verständlich zu machen und damit das Ansehen von Wissenschaft und Forschung in Österreich zu heben.
Puchhammer-Stöckl hat in den vergangenen Monaten immer wieder Fakten und Hintergründe des Coronavirus SARS-CoV-2 erklärt, wobei vor allem ihre „unaufgeregte Art“ und „sachliche Information“ geschätzt werden. Sie habe „kenntnisreich, uneitel und wenn nötig eindrucksvoll direkt kontinuierlich Medien und Öffentlichkeit informiert“ und damit ein „Beispiel für den Auftrag und die Wirksamkeit von Wissenschaftskommunikation gesetzt“, heißt es in einem der Wahlvorschläge der Klubmitglieder für sie. Ihre TV-Interviews seien herumgeschickt worden, „weil man erstmals das Gefühl hatte, hier etwas Wesentliches verstanden zu haben“, heißt es in einem weiteren Wahlvorschlag
Puchhammer betont Rolle der Wissenschaftskommunikation
Die Virologin zeigte sich gegenüber der APA sehr erfreut über die Auszeichnung und hob die Bedeutung der Wissenschaftskommunikation seit Beginn der Coronaviruspandemie hervor, „da viele wissenschaftliche Erkenntnisse einen direkten Einfluss auf das Leben unzähliger Menschen weltweit hatten“. „Wir alle, WissenschafterInnen wie JournalistInnen, haben im Jahr 2020 wohl sehr viel dazu beigetragen, das Verständnis der Menschen für die virologischen Grundlagen der Pandemie zu fördern, und auch im Angesicht einer unübersehbaren Flut von Informationen die relevanten wissenschaftlichen Aspekte herauszuarbeiten“, betonte Puchhammer-Stöckl.
Geboren am 30. September 1962 in Wien studierte Puchhammer-Stöckl in ihrer Heimatstadt Medizin und kam nach der Promotion 1986 über ein Projekt an die Virologie, wo sie seither tätig ist. Sie habilitierte – nach ihren Ausbildungen zur Fachärztin für Hygiene und Mikrobiologie sowie zur Fachärztin für Virologie – 1994. Wissenschaftlich konzentriert sie sich auf sogenannte „persistierende Viren“, also Erreger wie etwa Herpesviren, die nach einer Infektion ein Leben lang im Körper bleiben und diesen beeinflussen. Im Zusammenhang mit Coronaviren erforscht sie mit ihrer Gruppe u.a. die Immunantwort von „Natürlichen Killerzellen“, die ganz am Anfang der Infektion steht.
Im Jahr 2000 wurde sie außerordentliche Professorin am Zentrum für Virologie, das sie seit 2018 leitet. Anfang Dezember der Vorjahres übernahm Puchhammer-Stöckl, die Mitglied der Ampel-Kommission war und nach wie vor der Corona-Taskforce des Gesundheitsministers angehört, eine Professur im Fachbereich Virologie der Medizinuniversität Wien.
In den vergangenen Jahren haben die Historikerin Barbara Stelzl-Marx (2019), der Chemiker Nuno Maulide (2018), der Komplexitätsforscher Stefan Thurner (2017), die Gendermedizinerin Alexandra Kautzky-Willer (2016) und der Archäologe Wolfgang Neubauer (2015) die Auszeichnung erhalten.
07.Jän 21
Corona – Puchhammer-Stöckl: „Nächste Monate werden sehr schwierig“ =
Wien (APA) – Die Virologin Elisabeth Puchhammer-Stöckl geht aufgrund der Tatsache, dass sich die Ausbreitung des SARS-CoV-2-Virus offenbar nicht mit „milden Lockdowns“ hintanhalten lässt, davon aus, „dass die nächsten Monate sehr schwierig werden“. Die Auswirkungen der offenbar ansteckenderen Virus-Varianten könne man nur schwer abschätzen. Impfgegnern sollte mit bildhafterer Information die Angst genommen werden, so die „Wissenschafterin des Jahres 2020“ vor Journalisten.
Vielen Impfskeptikern fehle vermutlich ein klares Bild davon, wie daramtisch eine echte Infektion mit einem Virus in die Abläufe von Zellen eingreift, um den Erreger dort tausendfach zu vermehren, und wie gering im Gegensatz der Einfluss der nun erstmals zugelassenen RNA-Impfstoffe auf betroffene Zellen im Körper ist. Es handle sich hier um eine Impfung „mit einem Teil des Virus, der sich nicht einmal vermehren kann und an der Oberfläche Proteine bildet“. Diese Proteine, die wichtige Teile zum Erkennen des Erregers abbilden, sollen das Immunsystem auf eine tatsächliche Konfrontation mit dem Erreger vorbereiten.
Über Filme oder andere Visualisierungen könnte man skeptischen Menschen genau diese schwer vorstellbaren Abläufe im Vergleich anschaulich zeigen, so Puchhammer-Stöckl bei der Preisverleihung durch den Klub der Bildungs- und Wissenschaftsjournalisten. Dann werde sicher vielen klar, „warum wir glauben, dass es ungefährlich ist“: „Wenn man diese Bilder nebeneinander sieht, dann hat man überhaupt keine Sorge, weil man weiß, was das wirkliche Virus anrichtet.“
Abwarten ist „legitim“
Viele Menschen würden sich zum Glück rasch und gerne impfen lassen, so die Virologin von der Medizinischen Universität Wien. Hat jemand Skepsis gegenüber den neuen Impfstoffen, sei es „durchaus legitim, zu sagen: Man schaut sich das jetzt an, bis die ersten Hunderttausend geimpft sind“.
Für die Forscherin, die für ihre Vermittlungsarbeit ausgezeichnet wurde, war 2020 „ein unglaubliches Jahr“. Die Pandemie habe ihr Fachgebiet „in die mediale Öffentlichkeit katapultiert“. Viele ihrer Kollegen seien zu Hochform in der Erforschung, Diagnose und auch im Erklären der komplexen Zusammenhänge und schwer zu filternden, gesicherten Informationen aufgelaufen, so Puchhammer-Stöckl, die die Auszeichnung mit den Kollegen, die faktenbasierte Informationen geliefert haben, teilen möchte.
Kontaktbeschränkung nicht so wirksam wie erhofft
In die unmittelbare Zukunft blickt die Wissenschafterin nüchtern. Auch die trotz Lockdowns aktuell relativ hohen Neuinfektionszahlen zeigen, dass das sanfte Herunterfahren der Kontakte nicht die erhofften Wirkungen zeige. Momentan wirke vermutlich der mildere Lockdown über Weihnachten noch nach. Man sehe insgesamt, dass „jedes Land mit einem Auf und Ab kämpft“. Welche Maßnahmen für sich wie genau gewirkt haben, werde man erst im Rückblick sehen.
Bezüglich der viel diskutierten, scheinbar infektiöseren Virus-Varianten aus Großbritannien und Südafrika, die eine „heiklere Mutation gemeinsam“ haben, liege noch vieles im Dunkeln. Die Wirkung der Impfung scheine aber nicht nachzulassen, der Krankheitsverlauf sich nicht zu verändern. Der Anschein, dass mehr junge Menschen davon betroffen sein könnten, liegt für Puchhammer-Stöckl vermutlich darein, dass Schulen im Herbst vielfach offen waren, während viele andere Bereiche vom Lockdown betroffen waren.
Über die Rolle der Wissenschaft als Politikberater in den immer noch unübersichtlichen Zeiten urteilte sie vorsichtig positiv. „Wir waren letztendlich erfolgreich, wenn Politiker über CT-Werte diskutieren“, sagte die Virologin. Man sehe etwa, wie Informationen, die Forscher in der Corona-Taskforce des Gesundheitsministeriums einbringen, da und dort berücksichtigt würden: „Die wirklichen Entscheidungen erfahre ich aber auch über die Medien“, sagte Puchhammer-Stöckl. „Die Wichtigkeit der Wissenschaft ist sicher gewachsen.“
Noch weiter in die Zukunft blickend, glaubt die Wissenschafterin an ein verändertes Bewusstsein für die Gefahr weiterer Pandemien in den nächsten Jahrzehnten. Ausgehen könnte die wieder vor allem von Corona- oder Influenzaviren, die bei nahen Tier-Mensch-Kontakten ihren Wirt wechseln können. Für unsere Breiten könnte der Klimawandel über Insekten tropische Viren auch breiter nach Europa bringen.